Thursday, 25th April 2024
25 April 2024

Ministerium für Stillstand

Dynamisch, fortschrittlich, innovativ – so präsentiert sich gerne das Wirtschaftsministerium unter Minister Volker Wissing (FDP). Beim Gesetz, das Stadtviertel aufwerten soll (Leap), geht es jedoch gefühlt keinen Zentimeter voran.

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MAINZ. Dynamisch, fortschrittlich, innovativ – so präsentiert sich gerne das Wirtschaftsministerium unter Minister Volker Wissing (FDP). Beim Gesetz, das Stadtviertel aufwerten soll (Leap), geht es jedoch gefühlt keinen Zentimeter voran. Das Gesetz wurde von Rot-Grün schon vor Jahren auf den Weg gebracht. In Privatinitiative können Gewerbetreibende in bislang eher unansehnlichen Stadtvierteln – in Mainz, Bingen und Worms soll es ja einige davon geben – sich zusammenschließen, Beiträge erheben und ihre Viertel aufmöbeln. Allerdings müsste dann auch mancher Anwohner zahlen, der es vielleicht gar nicht will. Bislang hat es noch keine Projekte in Städten gegeben. Alle Beteiligten sind sich einig: Das Gesetz müsste dazu geändert werden. Doch da spielt der Minister nicht mit. Mittlerweile liegt aus dem Hause Wissing ein Sachstandsbericht über das Leap-Gesetz vor. Dort finden sich allerlei Plattitüden zum Thema Aufwertung von Innenstädten. Beispiel gefällig? „Die Landesregierung unterstützt die Kommunen in vielfältiger Art und Weise, um Innenstädte neu zu gestalten, die Aufenthaltsqualität zu verbessern, ein Bewusstsein für ‚online und offline zusammenzudenken‘ zu schaffen, digitale Elemente in die Innenstadt zu integrieren, den Zusammenhalt und die Schlagkraft vor Ort durch den Aufbau innerstädtischer Netzwerke zu stärken, die aktuellen Entwicklungen und Trends im Handel zu berücksichtigen und kundenorientiert zu handeln.“

Gewerbetreibenden, die unter schmuddligen Straßen in teils toten Innenstädten zu leiden haben, dürften solche Aussagen wie blanker Hohn vorkommen.

Die Opposition im Mainzer Landtag hat wenig Verständnis für Wissings Stillstandspolitik. „Mir ist es unbegreiflich, wie ein Ministerium so wenig kompromissbereit agieren kann“, schimpft die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Gabi Wieland. „Innenstadtbelebung ist nicht allein durch Workshops, Vorträge und Online-Shops und nicht zum Nulltarif zu erzielen. Gerade solche Gemeinschaftsaktionen können wichtige Impulse setzen.“ Es sei bekannt, dass Einzelhandel und Stadtentwickler „Leap-Projekte“ vorbereitet hätten und gerne umsetzen würden. Beispiele wie etwa Gießen zeigten, dass solche Projekte gut liefen.

„Tiefgreifender Eingriff in das Eigentumsrecht“

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Landtag, Jan Bollinger, sagt: „Die Wirksamkeit von Leaps wurde in mehreren deutschen Großstädten erprobt und belegt.“ Doch dazu müsse das Gesetz geändert werden. „Das Wirtschaftsministerium hat sich um eine Nachbesserung gedrückt, weil man Angst hat, letztlich für Mietpreissteigerungen bei Wohnungen verantwortlich gemacht zu werden.“ Ob allerdings Gebühren für eine Immobilie überhaupt auf Wohnungsmieten umgelegt werden dürfen, sei in der Fachwelt umstritten, so Bollinger weiter. „Eine kluge Gesetzesregelung könnte den Interessenkonflikt sicherlich mindestens entschärfen, wenn nicht aufheben.“

Wie argumentiert das Wirtschaftsministerium? Zwar sei das „Leap“ ein weiterer Baustein für Kommunen, um ihre Stadt fit für den Strukturwandel im Handel zu machen, heißt es in dem Bericht. „Es ist aber auch ein tiefgreifender Eingriff in das Eigentumsrecht der Immobilieneigentümerinnen und Immobilieneigentümer (…).“ Es sei parteiübergreifender Konsens, so das Wissing-Ministerium weiter, dass Anwohner nicht zusätzlich belastet werden dürften, mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt. Gerade wegen der gestiegenen Immobilienpreise werde es für Familien immer schwieriger, Immobilien zu erwerben.

Was sagen die Ampel-Landtagsfraktionen? Es gebe keinen neuen Sachstand, heißt es bei den Grünen. Das sagt auch die SPD, betont aber zudem, dass sie das Gesetz weiter für „ein geeignetes Instrument zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in innerstädtischen Quartieren“ halte. Die FDP-Fraktion sagt, die Regierung sei von verschiedenen Seiten gebeten worden, das Gesetz zu überarbeiten. Dazu befinde sich die Landesregierung derzeit im „Austausch mit den relevanten Akteuren“. Aber hier gehe Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Aus Sicht der FDP sei es wichtig, dass das Gesetz private Initiativen fördere, es aber nicht zu Mietsteigerungen komme.

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