Friday, 26th April 2024
26 April 2024

Ampel-Halbzeit in Rheinland-Pfalz: Glanzlos, aber nicht gänzlich erfolglos

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat die Hälfte ihrer Legislaturperiode hinter sich. Zeit für eine Bilanz.

MAINZ – Beim Fußball nutzt man die Halbzeitpause, zu verschnaufen, die Taktik für die zweite Spielhälfte zu überdenken. Gegebenenfalls wird ein Spieler ausgewechselt. In der rheinland-pfälzischen Ampelregierung aus SPD, FDP und Grünen, die jetzt die erste Hälfte absolviert hat, geht es mit der gleichen Aufstellung in die zweite Runde. Die Traineransprache wird für Mittwoch erwartet, wenn Malu Dreyer ihre Pressekonferenz abhält. Wir haben uns eigene Gedanken gemacht.

Wer sind die starken Personen?
Malu Dreyer (SPD) ist gut in die Chefrolle hineingewachsen. Sie ist die integrierende Person in der Regierung und spielt auf Bundesebene eine starke Rolle. Kommt ihr nichts dazwischen, gilt sie 2021 als gesetzt für eine erneute Spitzenkandidatur in Rheinland-Pfalz. Als zweiter Mann im Lande gilt ganz klar Volker Wissing (FDP), intellektueller Kopf der Regierung, sicherlich nicht ohne „Berliner“ Ambitionen. Im Grünen-Lager wird Integrationsministerin Anne Spiegel, trotz mancher Kritik an ihrer Asylpolitik, als Hoffnungsträgerin gesehen.

Was war die größte Pleite?
Das bleibt der verpatzte Verkauf des Flughafen Hahns an chinesische Hochstapler. Zwar war kein Landesvermögen gefährdet, es floss kein Geld. Auch war der Verkauf im zweiten Anlauf erfolgreich. Dennoch bleibt das Hahn-Desaster ein wunder Punkt der Landesregierung. Zudem wird das Thema Hahn wie ein Bumerang auf die Regierung zurückfliegen, spätestens dann, wenn er seine Tore schließt. Es hängen mehrere Tausend Jobs am Hunsrück-Flughafen – ein strukturpolitisches Thema.

Was waren die größten Erfolge?
Es gibt nicht das Projekt der Regierung Dreyer. Aber es gab Erfolge, kleinere und größere: Es wurden mehr Anwärterstellen bei der Polizei geschaffen. Die Polizisten sind besser ausgestattet worden. Unter Federführung des Innenministeriums wurden Mehrfach- und Intensivtäter unter Flüchtlingen genauer durchleuchtet. Nach einer Initiative zu Wohnungseinbrüchen sind die Einbruchszahlen zurückgegangen. Weitere Richter und Staatsanwälte sollen eingestellt werden. Unter der FDP wurde immerhin der Straßenbauetat angehoben; beim Landesbetrieb Mobilität wurden mehr Ingenieure eingestellt. Dennoch bleibt beim Straßenbau Luft nach oben. Beim Tourismus hat das Wissing-Ministerium Akzente gesetzt. Im Umgang mit dem muslimischen Verband Ditib hat die Regierung den richtigen Weg eingeschlagen, indem sie auf Distanz ging, ohne die diplomatischen Beziehungen abzubrechen. Aus grüner Sicht ist der Ausbau der Sprachkurse für Flüchtlinge ein Erfolg, ebenso, über den Bundesrat die Ausweisung der nordafrikanischen Staaten zu sicheren Herkunftsländern verhindert zu haben.

Wo lief es eher so „la la“?
Zum Rohrkrepierer wurde die Schließung kleiner Grundschulen durch das Bildungsministerium. In der Asylpolitik unter Anne Spiegel war ein Rüffel des obersten Richters, Lars Brocker, negativer Höhepunkt. Sein Vorwurf: Höchstrichterliche Urteile zur Abschiebung würden durch das grün geführte Integrationsministerium „interpretiert“. Bei der Ausstattung ländlicher Gebiete mit schnellem Internet geht es viel zu langsam, obwohl das nicht alleine in der Hand der Landesregierung liegt. Apropos höchste Gerichte: Der Regierung flog vor dem Verfassungsgerichtshof der Pensionsfonds für Landesbeamte um die Ohren. Der Fonds ist mittlerweile Geschichte. Ein weiteres Projekt: Das Kita-Gesetz wird derzeit reformiert. Hier muss man abwarten. Die Opposition sieht eine Verlagerung von Lasten auf die Kommunen.

Gab es auch koalitionsinternen Streit in den 2,5 Jahren?
Offenen Streit gab es selten, aber dennoch kam es zwischen SPD, FDP und Grünen immer mal wieder zu Reibereien, die nicht kaschiert werden konnten. Zu nennen wäre etwa der Konflikt um ein landesweites Sozialticket, bei dem sich die Grünen nicht durchsetzen konnten oder die „Ansiedlung“ des Wolfs in Rheinland-Pfalz, bei dem die FDP das Nachsehen hatte. Auch bei der Frage, ob Autowaschanlagen auch sonn- und feiertags geöffnet sein sollen, wurde die FDP ausgebremst. Beim Städteaufwertungsgesetz kommen Grüne und SPD nicht wegen der FDP weiter.

Die Opposition?
Die CDU-Fraktion im Landtag wirft der Regierung Dreyer vor, das Land „einzuschläfern“. Dahinter verbirgt sich auch der Umstand, dass die Ampel der Opposition wenig Angriffspunkte bietet. Die „großen“ Affären wie Nürburgring und Hahn sind vorbei. Die Opposition war und ist auch ein wenig mit sich selbst beschäftigt: Christian Baldauf löste Julia Klöckner an der Fraktionsspitze ab. In der AfD-Fraktion, die entgegen manchen Vorurteils nicht monothematisch unterwegs ist, erhielt Fraktionschef Uwe Junge bei der Wiederwahl einen Dämpfer.

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