Wednesday, 15th May 2024
15 Mai 2024

Hochrangiger Vierer-Gipfel berät über Bürgerkrieg in Syrien

Istanbul (dpa) – Ein hochrangig besetzter Vierer-Gipfel berät in der türkischen Metropole Istanbul über eine politische Lösung für das Bürgerkriegsland Syrien.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Kreml-Chef Wladimir Putin sind am Bosporus zu bilateralen Gesprächen und einer gemeinsamen Runde zusammengekommen. Alle Augen seien auf das Treffen gerichtet, sagte Erdogan. «Ich glaube daran, dass wir die Erwartungen nicht enttäuschen werden.»
Auf dem
Gipfel sollte es unter anderem darum gehen, den festgefahrenen politischen Prozess wieder in Gang zu bringen. UN-Sondervermittler Staffan de Mistura wollte den Spitzenpolitikern über die aktuelle Situation in Syrien berichten. Die vier Staats- und Regierungschefs sprachen zugleich auch über andere Themen.

Merkel kam zunächst zu Einzelgesprächen mit Erdogan, Macron und Putin zusammen. Der türkische Präsident könnte ihr über den Stand der Ermittlungen zum Tod des Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul berichtet haben. Auch mit Macron sprach Merkel in einem kurzfristig angesetzten Treffen über diesen Fall. Der französische Präsident hatte einen Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien am Freitag als «pure Demagogie» bezeichnet – und sich damit gegen Merkel positioniert.
In Merkels Gespräch mit Putin könnte es unter anderem um den Konflikt in der Ostukraine gegangen sein. Auch dieser Konflikt zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen ist festgefahren. Die Kanzlerin reist am Donnerstag in die ukrainische Hauptstadt Kiew.
Merkel nahm zum ersten Mal an einem Syrien-Gipfel teil. Deutschland hat lange Zeit kaum eine Rolle bei der Konfliktlösung gespielt, obwohl es das europäische Land ist, das mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Seit dem Frühjahr ist Deutschland Teil einer Verhandlungsgruppe westlicher und arabischer Staaten, zu der auch die USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien und Jordanien gehören.
Im Mittelpunkt des Gipfels stand insbesondere die Lage in der letzten verbliebenen großen Rebellenhochburg Idlib im Nordwesten Syriens. Dort haben Russland als Verbündeter der syrischen Regierung und die Türkei als Unterstützer der Rebellen eine entmilitarisierte Pufferzone errichtet. Sie wollen damit eine Offensive der Regierung und eine neue Massenflucht Richtung Türkei verhindern.
In der Region Idlib hatte sich die militärische Lage in den vergangenen Monaten deutlich beruhigt. Allerdings bleibt die Waffenruhe fragil. Nach Angaben von Aktivisten haben sich die radikalen Kräfte bislang nicht aus der Pufferzone zurückgezogen. Am Freitag wurden zudem mindestens sieben Zivilisten durch Artilleriebeschuss der syrischen Armee getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte.
Der politische Prozess steht seit langem still, alle bisherigen Friedensgespräche unter Leitung der UN sind gescheitert. Auch ein im Januar beschlossenes Verfassungskomitee mit Vertretern von Regierung und Opposition ist bislang nicht gebildet worden.
Dieses Verfassungskomitee ist nach Ansicht des scheidenden UN-Sonderbeauftragten de Mistura eine «ernsthafte Herausforderung». Der Diplomat bemüht sich seit Monaten erfolglos darum, die Gründung des Komitees voranzutreiben, ehe er Ende November aus persönlichen Gründen nach mehr als vier Jahren sein Amt abgibt.
Der Ausschuss soll mit Vertretern der syrischen Regierung von Präsident Baschar al-Assad, der Opposition sowie neutraler Gruppen besetzt werden. Damaskus hatte die Verfassung am Mittwoch aber als souveräne Angelegenheit bezeichnet und erklärt, Fragen dazu würden von den Syrern allein und ohne ausländische Einmischung entschieden.
De Mistura hatte der Regierung in der Vergangenheit vorgeworfen, kein ernsthaftes Interesse an einer politischen Lösung zu haben. Die Führung in Damaskus sieht sich nach den militärischen Erfolgen in den vergangenen Monaten in einer starken Position. Sie kontrolliert mittlerweile wieder den größten Teil des Landes, darunter die wichtigsten Städten. Die Regierung dürfte nur dann zu Kompromissen bereit sein, wenn Russland genug Druck auf sie ausübt.
Der Bürgerkrieg war im Frühjahr 2011 mit Protesten gegen die Regierung ausgebrochen. Seitdem kamen in dem Konflikt mehr als 400 000 Menschen ums Leben, Millionen sind ins Ausland geflüchtet. Syriens Führung und Opposition liegen in zentralen Punkten weit auseinander. Während die Assad-Gegner auf einem Rücktritt des Machthabers beharren, wollen dessen Anhänger darüber nicht reden.
Mit den USA und dem Iran fehlten bei dem Gipfel in Istanbul zwei in Syrien einflussreiche Mächte. Amerikanische Truppen unterstützen im Osten des Landes den Kampf von Truppen unter kurdischer Führung gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Iran wiederum ist neben Russland der wichtigste Verbündete der syrischen Regierung.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) knüpfte eine Beteiligung Deutschlands am Wiederaufbau Syriens an Bedingungen. «Investitionen in Syrien wird es nur geben, wenn es einen befriedigenden politischen Prozess gibt, an dem alle Parteien beteiligt sind», sagte sie bei einer Sicherheitskonferenz in der arabischen Golfmonarchie Bahrain. Ein Wiederaufbau, von der die Diktatur Präsident Assads profitiere, sei nicht vorstellbar.

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