Saturday, 4th May 2024
4 Mai 2024

Lob für Hartz IV aus dem Jobcenter Frankfurt

Als Leiterin des Frankfurter Jobcenters hat Claudia Czernohorsky-Grüneberg Erfahrung mit dem Hartz-IV-System. Und sie findet, dass „Fördern und Fordern“ erfolgreich waren.

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FRANKFURT – Der Sozialstaat hat ein weites Netz gespannt: Es fängt all jene auf, die tief fallen und auf Hilfe angewiesen sind. Ihnen steht eine Grundsicherung zu. Der Volksmund sagt Hartz IV dazu. Der Begriff umschreibt ein System, das Hilfeempfängern ein Leben in Menschenwürde ermöglichen soll. Ihnen wird die Unterkunft bezahlt, dazu die Krankenversicherung und die Heizkosten. Der Respekt vor der Menschenwürde reicht bis in die Begrifflichkeit. In den Jobcentern sprechen die Mitarbeiter nicht von „Hartz-Empfängern“. Sondern von Kunden.

Weniger Arbeitslose – aber mehr Sanktionen

Und auch dies gehört zum Paket, das die soziale Marktwirtschaft geschnürt hat: Wer auf Hartz-IV-Niveau abgerutscht ist, bekommt Coaching und Computer-Kurse bezahlt, als Training zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Solche Kurse können teuer sein. Weshalb zuvor eine Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet wird. Ein Vertrag. Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. „Mit seiner Unterschrift verpflichtet sich der Kunde, an diesen Kursen teilzunehmen“, sagt Claudia Czernohorsky-Grüneberg, Geschäftsführerin des Jobcenters in Frankfurt. Wenn der Kunde nicht teilnimmt und dafür keine plausiblen Gründe nennen kann, ist er vertragsbrüchig geworden. Czernohorsky-Grüneberg spricht von „Pflichtverletzung“.

Wer Rechte hat, der hat auch Pflichten. Und wer die Pflichten verletzt, wird sanktioniert. Ihm wird Hartz IV gekürzt. Das ist Teil dieses 2005 eingeführten Hartz-IV-Systems, das unter der Überschrift „Fördern und Fordern“ eingeführt worden war. „Die damals eingeführten Regelungen haben etwas gebracht“, sagt die Leiterin des Frankfurter Jobcenters. „Wir haben seither pro Jahr mehr als 11 000 Integrationen in den Arbeitsmarkt. Das ist für mich ein Erfolg“.

Die Konjunktur der vergangenen Jahre, die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt hat dazu geführt, dass manche Jobcenter Vollbeschäftigung verwalten. Andere, wie das in Frankfurt, sind bei einer Quote von 5,2 Prozent angekommen, bei einer „Sockel-Arbeitslosigkeit“. In dieser Lage wird die Vermittlungstätigkeit der Kundenberater schwieriger: Viele Arbeitslose haben keinen Schulabschluss, keine Berufsausbildung. Vielleicht nehmen auch deshalb die Pflichtverletzungen zu. Zumindest wird mehr sanktioniert. In allen hessischen Jobcentern waren im vergangenen Jahr 52 329 Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger verhängt worden, 1785 mehr als im Vorjahr. In Rheinland-Pfalz stieg die Anzahl um 6,6 Prozent auf 39 254. Die Gründe für die Sanktionen waren zum überwiegenden Teil die gleichen: Termine waren grundlos nicht eingehalten worden. In Frankfurt jedenfalls hat man die Erfahrung gemacht, dass das Mittel wirkt: Die betroffenen Kunden zeigen plötzlich wieder Präsenz.

Im Extremfall kann bis zu 100 Prozent des Regelsatzes gekürzt werden. Das ist eine drakonische Maßnahme, die im Sozialstaat Deutschland abgefedert wird. Denn zum Ausgleich gibt es Lebensmittelgutscheine, Gutscheine für Fahrkarten und das Angebot, ein zinsloses Darlehen aufzunehmen. Der Wert dieser Gutscheine kann bis zu 50 Prozent der verhängten Sanktionen ausmachen. Zumindest in Frankfurt. Ob das überall in Deutschland so praktiziert wird, daran nährt eine Umfrage des Erwerbslosenvereins Tacheles Zweifel. 40 Prozent der Betroffenen und 41 Prozent der Jobcenter-Mitarbeiter hatten das verneint.

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